黨不允許美國看到武漢爆發的中心
《時代周報》在線的這篇文章寫道:「中國政府正以極大的努力,對其在新冠疫情發展中的角色進行新的敘述。」
https://www.zeit.de/kultur/2020-04/china-hilfe-coronavirus-pandemie-strategie-uneingeschraenkter-krieg
文章分析道:「我們在此所經歷的,其實與二十多年前中國共產黨制定出的一個戰略一脈相承。1999年,人民解放軍兩名軍官喬良和王湘穗出版了一本書,題為《超限戰》。時值蘇聯解體、天安門大屠殺過去十年,而七年前鄧小平前往深圳重新宣布經濟改革路線,要讓中國在21世紀初成為經濟奇迹。但黨害怕資本與信息的交換可能會顛覆其專政地位。他們認為,必須對所有虛擬或實際的威脅保持警惕,以便不重蹈曾經的對手蘇聯的覆轍。直到今天,蘇共的下台對中共來說都是一種警告,一種創傷。」
文章寫道:「超限戰出自一種被外界長期圍困的感覺。中國目睹蘇共如何特別是在七八十年代進入一場不可能贏的與美國的軍備戰,並且輸了。以此為鑒,喬良和王湘穗提出一個新的戰爭概念。當時中國儘管也已經開始擴充常規武器,但兩位作者認為,同時還要注意:』在今日世界,沒有什麼不可能成為武器。因此,我們必須以一種超限的意識來理解武器。……一場人工誘發的股市崩盤、一場黑客攻擊、一樁傳言或醜聞讓敵方匯率崩盤或領導人在網上出醜,這些都屬於新式戰爭的武器庫。』
」
文章寫道:「這本書中的概念很快運用到2003年中央軍委和軍方批准的』三種戰法』戰略中。這三種戰法是:傳媒戰法(亦即輿論戰)、心理戰法和法律戰法。目標是,稱霸以自保。源自這一戰略的項目包括北京年復一年注資數十億美元的』軟實力』計劃以及習近平自2012年上任后實施的』新絲路』倡議。」
文章寫道,此次新冠疫情中,「在歐洲許多人感到困惑,覺得中國按說應當從薩斯疫情中學到了教訓。然而,歐洲人不明白的是,中共絲毫不缺乏預防疫情的知識。另一點更具重要性:中國領導層從一開始看待疫情的視角就是,它可能危及其專政地位。即便病毒並非通常意義上的政治敵手:一個認為自己身處戰爭中的專制政權,不願讓假想敵或真正的敵手——無論是異見人士還是西方民主政體——發現自己軟弱的跡象。為維持穩定的表象,北京這樣的政權,願意犧牲疫區的本國國民甚至是下級的生命,就像湖北所發生的那樣。舉例說,黨無論如何不會允許美國的志願者看到武漢爆發的中心,也不會在清理好一切、如同什麼都未發生之前,批准世衛組織工作人員去那裡。」
Franka Lu ist eine chinesische Journalistin und Unternehmerin. Sie
arbeitet in China und Deutschland. In dieser ZEIT-ONLINE-Serie berichtet
sie kritisch über Leben, Kultur und Alltag in China. Um ihr berufliches
und privates Umfeld zu schützen, schreibt sie unter einem Pseudonym.
Die chinesische Regierung versucht mit großem Einsatz, ihre Rolle im
Verlauf der Corona-Pandemie neu zu erzählen. Wir sollen vergessen, dass
die anfänglichen Vertuschungsversuche des Covid-19-Ausbruchs durch China
maßgeblich dazu beigetragen haben, dass sich dieser Virus zu einer
Jahrhundertseuche entwickeln und über die ganze Welt verbreiten konnte.
Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums beschuldigte unterdessen
gar die USA, das Virus nach China eingeschleppt zu haben. Die Führung
in Beijing posiert nun in der Rolle des Retters, der die ganze Welt mit
Schutzmasken beschenkt, medizinische Ausrüstung und gar Personal zur
Verfügung stellt. Die demokratischen Staaten des Westens dagegen werden
als egozentrisch, inkompetent und verlogen dargestellt. Die
überdeutliche Message der chinesischen Regierung lautet: Die Welt
schuldet dem unschuldigen und heroisch handelndem Land Dank; die Welt
kann sich auf China – und nur auf China – verlassen.
Was wir hier erleben, folgt tatsächlich einer Strategie der
Kriegführung, die von der Kommunistischen Partei Chinas vor über zwanzig
Jahren entwickelt wurde. Im Jahr 1999 veröffentlichten zwei Offiziere
der Volksbefreiungsarmee, Qiao Liang (喬良) und Wang Xiangsui (王湘穗), ein
Buch mit dem Titel Unrestricted Warfare. Damals waren der Untergang der
Sowjetunion und das Tian』anmen-Massaker zehn Jahre her, und sieben Jahre
zuvor hatte Deng Xiaoping mit seiner Reise nach Shenzhen den
wirtschaftlichen Reformkurs wiederbelebt, der China zu Beginn des 21.
Jahrhunderts dann zum Wirtschaftswunderland machen sollte. Aber die
Partei hatte Angst, dass der Austausch von Kapital und Information, der
steigende menschliche Austausch auch mit dem Westen ihre
Alleinherrscherrolle untergraben könnte. Sie glaubte, alle
vermeintlichen oder tatsächlichen Bedrohungen im Auge haben zu müssen,
damit ihr das Schicksal ihres einstigen Counterparts in der Sowjetunion
erspart bliebe. Bis heute ist der Untergang der KPdSU der
Kommunistischen Partei Chinas eine Mahnung, eine Art Trauma.
Unrestricted Warfare ging aus dem Gefühl einer Dauerbelagerung von
außen hervor. China hatte mitverfolgt, wie die UdSSR vor allem in den
Siebziger- und Achtzigerjahren einen unmöglich zu gewinnenden
Rüstungswettlauf mit den USA eingegangen war und ihn verloren hatte. Als
Konsequenz daraus entwickelten Qiao Liang und Wang Xiangsui einen neuen
Begriff der Kriegführung. Zwar rüstete China auch damals bereits den
eigenen Bestand an konventionellen Waffen auf, aber zusätzlich sollte
nun laut den beiden Autoren gelten: "In der heutigen Welt gibt es
nichts, das nicht zur Waffe werden könnte, und deshalb müssen wir unser
Verständnis von Waffen mit einem Bewusstsein schärfen, das alle Grenzen
sprengt. (…) Ein künstlich herbeigeführter Börsencrash, ein
Hackerangriff, ein Gerücht oder Skandal, der den Währungskurs des
Feindes zum Absturz bringt oder seine Anführer im Internet bloßstellt,
all das gehört nun ins Arsenal der Waffen neuer Art."
Damit konnte alles zur Waffe und alles zum Schlachtfeld werden:
Informationstechnologie, öffentliche Meinung, Handel, Finanzwesen,
internationales Recht, eine Überschwemmung, ein Kulturaustausch, eine
UN-Konferenz, ein Vertrag über den Aufbau eines Mobilfunknetzes, eine
archäologische Entdeckung in Xinjiang und immer so weiter. Dabei gibt es
bis heute immer nur ein Ziel: die Stärkung der chinesischen
Ein-Parteien-Staatsordnung.
Das Buch Unrestricted Warfare wurde nicht nur beim chinesischen
Militär zu einer Art Bibel, sondern auch für die Strategen der
Zentralregierung. Qiao Liang stieg zum Generalmajor und
stellvertretenden Generalsekretär des Nationalen Rats für
Sicherheitspolitik auf. Wang Xianghui wurde Leiter des Zentrums für
strategische Forschung an der Universität für Aeronautik und Astronautik
in Beijing. Beide haben eine ganze Generation chinesischer Entscheider
geprägt. Diejenige, die heute das Land führt.
Die "drei Arten der Kriegsführung"
Aus dem Konzept im Buch wurde bald die Strategie der "drei Arten der
Kriegführung", die im Jahr 2003 von den Zentralkomitees der Partei und
des Militärs abgesegnet wurde. Diese drei Arten sind die Kriegführung
auf dem Gebiet der Medien (und damit der öffentlichen Meinung), die
psychologische sowie die juristische Kriegführung. Angestrebt wird
Vorherrschaft als Mittel der Selbstverteidigung. Die weithin sichtbaren
Projekte, die dieser Strategie entsprungen sind, sind die "Soft
Power"-Initiative, in die Beijing Jahr für Jahr Milliarden von Dollar
gepumpt hat, und Xi Jinpings Idee von der "Neue Seidenstraße", die Belt
and Road Initiative, die seit seinem Amtsantritt 2012 läuft.
Während Europa China in den vergangenen Jahrzehnten in der
internationalen Staatengemeinschaft zunehmend willkommen geheißen hat,
auch, weil die EU-Mitgliedsstaaten die billigen Arbeitskräfte, der große
Binnenmarkt und die Rohstoffe Chinas reizten, war das Ganze für die
Kommunistische Partei in Beijing auch Teil ihrer Kriegführungsidee. Sie
will gegen die westlichen Demokratien und ihre Kritiker im eigenen Land
gewinnen – ökonomisch, diplomatisch, juristisch, kulturell und
ideologisch.