興國策
Grundsätze zur Zukunftsfähigkeit
Deutschlands am Beispiel des Schicksals des Chinesischen Imperiums
Es war einmal das antike chinesische
Fürstentum Lu im Osten des Reichs der Mitte. Im jenem Staat Lu
existierte ein Gesetz, welches jeden mit Gold belohnte, der einen
Staatsangehörigen von Lu im Ausland aus der Sklaverei erlöste.
Eines Tages rettete Konfuzius Schüler Zigong durch sein eigenes
Lösegeld einen Landesmann aus Lu aus der ausländischen Sklaverei.
Doch lehnte Zigong die staatlichen Entschädigungen ab, als er in die
Heimat zurückkehrte. Als Konfuzius davon erfuhr, sagte er: 「Zigong
hat falsch gehandelt. Ab nun werden die Menschen aus Lu ihre
Landsleute nicht mehr aus der Sklaverei erlösen wollen. Die Annahme
der staatlichen Entschädigungen wird euren Charakter nicht
verderben. Die Nichtannahme der Entschädigungen jedoch wird dazu
führen, dass niemand mehr aus Lu seine Landsleute aus der
ausländischen Knechtschaft retten wird.「
Später rettete Zilu, ein anderer Schüler von Konfuzius, einen
ertrinkenden Menschen aus dem Wasser. Dieser dankte seinem Retter mit
einem Ochsen, welchen Zilu annahm. Daraufhin sagte Konfuzius erfreut:
「Ab jetzt werden die Menschen aus Lu sicher tapfer ertrinkende
Personen aus dem Wasser retten「.
Kapitel 6, Buch 16, die Annalen des Lü Buwei, 265 v. Chr
Schon Konfuzius hat also erkannt, dass ein scheinbar moralisches
Handeln ins Gegenteil verkehren könnte. Es ist nicht die Rolle
des Staates, Moral als Maßstab seines Handels zu definieren oder
Selbstlosigkeit von der Bevölkerung zu verlangen. Viel mehr sollte
der Staat Rahmenbedingungen dafür schaffen, die moralisches Handeln
oder Wohltaten der Bevölkerung langfristig auch begünstigen
könnten. Es sollte hingegen vermieden werden, dass durch ein
moralisch definiertes Handeln für die Bevölkerung allgemeine
Nachteile entstehen.
Die Geschichte lehrt uns außerdem, dass ein wirklich moralisches
Handeln an seinen Folgen gemessen wird, nicht aber an seinem
Selbstzweck.
Als das Imperium Sinica die bekannte Welt
beherrschte
Wir schreiben das Jahr 1431, das dritte Jahr der Ära Xuande
(„Verbreitung der Tugend「). Mehr als ein halbes Jahrhundert war
schon vergangen, nachdem das Heer unter der Führung des neuen
chinesischen Kaisers Zhu Yuanzhang die Mongolen aus Peking vertrieben
hatte. Zhu (Chinesisch: der Rote) schuf das mächtigste
han-chinesische Imperium seit dem Ende der Goldenen Ära der
Tang-Dynastie im achten Jahrhundert: Das feuerrote Reich „Da Ming「
(„Große Helligkeit「).
Nach drei Fremdherrschaften durch die Kitan (2 chin.
Nordprovinzen), die Jurchen (Nordchina) und die Mongolen
(Gesamtchina) wurde die sinitische Welt wieder von einem
han-chinesischen Staat vereint.
Anfang des 15. Jahrhunderts befand sich das chinesische Reich der
Ming-Dynastie auf dem Höhepunkt seiner Macht. Das Imperium
kontrollierte ein Gebiet, das von den eiskalten Urwäldern der
nördlichen Mandschurei (Regionale Militärkommission Nurgan) bis in
den tropischen Dschungel Vietnams (Provinz Jiaozhi) und von der Wüste
Gobi bis zum Pazifik hineinreichte.
Anno 1431 stand eine 27.550 Mann umfassende Hochseeflotte des
Imperiums unter der Führung des Admirals Zheng He zur Ausfahrt
bereit, um der Welt abermals die kaiserliche Macht zu zeigen.
Mit der Flotte stachen auch mehr als 60 gewaltige, neunmastige
„Schatzschiffe「 in See, die in der Länge bis zu
120 Metern und in der Breite bis zu 50 Metern maßten und somit ein
Vielfaches der Größe von Kolumbus „Santa Maria「 mit
ihren 27 Metern Länge betrugen, die ihrerseits 90 Jahre später das
Zeitalter der weltweiten europäischen Dominanz einleiten sollten.
Sechs mal war die Flotte des Zheng He mit der damals weltweit
führenden Kanonen- und Feuerwaffentechnik bereits um die bekannte
Welt gesegelt. Mehr als 30 Länder von Indonesien bis nach Ostafrika
hatten die Chinesen mit ihrer Drachenflotte unter die formale
Oberherrschaft des chinesischen Kaisers gestellt.
Kurz vor der Ausfahrt ließen die chinesischen Seefahrer ein
Denkmal mit der Inschrift errichten: „ Die Kaiserliche
Ming hat die gesamte Welt unter ihrer Herrschaft vereinigt. Ihre
Errungenschaften sind damit größer als jede Dynastie zuvor. Bis ans
Ende des Himmels und der Erde gibt es niemanden, der sich nicht als
Untertan dem Kaiser unterwirft.「
Weltfremdheit und Dogmen als Beginn des
Niedergangs
Seit Anbeginn der Ming-Dynastie wurde das Imperium von Beamten
regiert und verwaltet. Diese stellten zugleich auch die chinesische
Oberschicht, da sie aus Gelehrten rekrutiert wurden und nach der
damals vorherrschenden Vorstellung „das Gelehrtentum der edelste
aller Berufe und Stände「 sei. So konnten Gelehrte, die ihr Leben
lang nur antike Texte und klassische Literaturen ohne Praxisbezug und
ohne Bezug zum realen Leben der Bevölkerung einstudiert hatten, nach
Bestehen der Kaiserlichen Beamtenprüfung in hohe Regierungsämter
gelangen und ganze Regierungskreise in der Größe eines Kleinstaates
des Heiligen Römischen Reiches wie Fürsten regieren.
Nach und nach haben diese Eliten (auch Mandarine genannt) den
Großteil der politischen Macht im Reich der Mitte übernommen. Ab
dem späten 16. Jahrhundert waren gegen das Machtkartell der
Mandarine selbst Kaiser der Ming-Dynastie machtlos. So musste Kaiser
Wanli aus Protest Jahrzehnte lang Amtsaudienzen verweigern, weil er
seinen Wunschkandidaten für die Thronfolge nicht gegen die Mandarine
durchsetzen konnte.
Die Mandarine kontrollierten nicht nur einen Großteil der
politischen Macht. Durch ihre Schriften und ihre gesellschaftliche
Stellung verfügten sie ebenfalls über ein Quasi-Monopol über die
öffentliche Meinungsbildung. Moral war, was die Mandarine als Moral
definierten. Ebenso definierten sie, was im Sinne des Volkes
zu deuten ist und was eine gute Politik ausmacht.
So schwangen sich die Mandarine zu Meinungsführern auf und
predigten Moral als politische Handlungsmaxime. Dabei standen das
Wohlergehen und die Zukunftsfähigkeit des Reichs und der Dynastie
oft nicht im Vordergrund der politischen Überlegungen, sondern die
Übereinstimmung mit den dogmatischen Ansätzen einer moralisierenden
Politik sowie darüber hinaus die eigenen partikularen Interessen der
Mandarine – die ihrer Familien und der politischen Gruppierungen.
Manchmal gelang es den Mandarinen auch, ihre eigenen Interessen
mit der politischen Moral auf wundersame Weise zu verknüpfen. So
wurden Gelehrte, sobald sie eine kaiserliche Beamtenprüfung
bestanden haben, von jeglicher Steuerpflicht befreit. Dies führte
dazu, dass sich zahlreiche Bauern freiwillig den Gelehrten mit
bestandener Kaiserlichen Beamtenprüfung als deren Pächter
andienten. Aus Gelehrten wurden so rasch Großgrundbesetzer, die mit
der Macht gut vernetzt waren. Ebenso mussten reiche Kaufleute, die
durch ihre Bestechungsgelder oft unter dem Schutzschirm der Mandarine
standen, nur geringe Steuern und Abgaben zahlen.
Jeglicher Versuch des Kaiserhofs, die Steuern bei
Großgrundbesitzern einzuführen oder die Steuern bei reichen
Kaufleuten anzuheben, scheiterte am massiven Widerstand der gesamten
politischen Klasse der Mandarine, die dies als unmoralisch deuteten
und ihren Widerstand auch von der Bevölkerung als volksnah feiern
ließen. Unter tosendem Beifall des städtischen Volkes wurden die
steuerneintreibenden Eunuchen auf öffentlichen Straßen verprügelt
und aus der Stadt gejagt.
Am Ende blieben die wehrlosen Kleinbauern diejenigen, die die
immer erdrückendere Last des Imperiums tragen mussten. Und wie schon
seit tausenden Jahren ertrugen sie die Ausbeutung solange, bis bei
ihnen nichts mehr einzuholen war.
Für die Weltfremdheit und die moralischen Dogmen der herrschenden
Mandarine sollte das Reich der Mitte schon bald einen hohen Preis
zahlen.
Das Schicksal wendete sich gegen das Reichs
der Mitte
Mehr als zweihundert Jahre nach der Gründung der Dynastie stand
das chinesische Reich der Ming am Rand des finanziellen Kollapses.
Die Kleine Eiszeit in Ostasien bescherte China verheerende Missernten
und Hungersnöte. Bauern erhoben sich und zogen durch das Land. Sie
verschleppten hunderttausende und verwüsteten ganze Landestriche.
Gleichzeitig brannten an verschiedenen Peripherien des Reichs. Mit
enormen Blutzoll konnten chinesische Verbände zusammen mit ihrem
koreanischen Vasallenstaat Joseon gerade noch hunderttausende
japanischen Samurais im Imjin-Krieg aus der koreanischen Halbinsel
vertreiben, da sahen die kriegerischen Mandschu-Stämme durch die
geschwächte chinesische Garnison in der Mandschurei ihre Chance
gekommen, um gegen das Reich der Ming zu rebellieren. Das chinesische
Kaiserreich, das im Inland von Hungersnöten und Aufständen
heimgesucht wurde, erlitt durch die Mandschu mehrere vernichtende
militärische Niederlagen, sodass die Mandschu schon wenige Jahre
nach der Rebellion einen Großteil der chinesischen Provinzen in der
Mandschurei besetzen konnten.
1636 krönte sich der mandschurische Großkhan Abahai zum Kaiser
und rief die Dynastie „Da Qing「 (Die Großen Reinen) aus. Damit
erhob der Großkhan der Mandschu Anspruch auf den chinesischen
Kaiserthron. Das Wort „Qing「 (Chin: Die Reinen) symbolisiert nach
der Lehre der Fünf Elemente das „Wasser「, welches das „Feuer「
der Ming löschen soll.
Angesichts des Ernstes der Lage sah sich Kaiser Chongzheng (Zhu
Youjian) gezwungen, mit den Mandschu einen Waffenstillstand
auszuhandeln, um sich zunächst mit den wenigen noch verbliebenen
schlagkräftigen Truppen auf die inländischen Rebellen zu
konzentrieren. Doch der Vorstoß des Kaisers scheiterte schnell an
dem geballten Widerstand der Mandarine, die aus moralischen
Prinzipien kategorisch jegliche Friedensverhandlung mit „Barbaren「
ausgeschlossen haben. Auf öffentlichen Druck der Moralprediger hin
musste selbst der Kaiser seinen Kriegsminister als Sündenblock
hinrichten lassen, den er zuvor persönlich beauftragte hatte, mit
den Mandschu um den Frieden zu verhandeln.
Um den Krieg an mehreren Fronten gegen den Feind im Inneren und
Außen finanzieren zu können, erhob die chinesische Regierung
drastisch die Steuern und Abgaben ausgerechnet gegen die Ärmsten der
Armen: die Landbevölkerung. Ein Teufelskreis wurde in Gang gesetzt,
der dazu führte, dass sich immer mehr Bauern den Rebellen
anschlossen und so die finanzielle Lage des Reichs weiter
verschlimmerten. Das Reich geriet in den Zangengriff durch die immer
stärker werdenden aufständischen Bauernheere einerseits und durch
die aufstrebenden Mandschu andererseits: ein schier aussichtsloser
Kampf.
Schließlich fiel die Hauptstadt Peking den Rebellen in die Hände,
nachdem zuvor die Pest einen Großteil der Pekinger Garnisonstruppen
weggerafft hatte. Kurz zuvor war ein letzter Versuch des Kaisers, die
Hauptstadt vor den heranrückenden Rebellen und Mandschu in den
sicheren Süden des Reichs zu verlegen, durch den Widerstand der
Mandarine im Keim erstickt worden. Dann war es zu spät.
Im Beisein des letzten treuen Eunuchen erhängte sich Kaiser Zhu
Youjian an einem Baum auf dem Kohlenberg.
Die meisten Mandarine beugten ihre Knie vor den neuen Herren
Pekings und erhofften sich dadurch einen hohen Posten in der neuen
Dynastie ergattern zu können.
Fall der Ewigen Mauer und des Roten Drachens
Im Zentrum der Macht der östlichen Hemisphere nun angekommen,
begangen die überheblich gewordenen Anführer der Bauernrebellen
einen folgenreichen Fehler. Statt ihre Macht zu konsolidieren und
sich die Unterstützung der kapitulierten kaiserlichen Beamten zu
sichern, waren die Bauernanführer blind vor Gier über die
Kriegsbeute, die sie nun in der Hauptstadt vorfanden. So machten sie
sich daran, das Vermögen der Mandarine und der Reichen in der
Hauptstadt zu beschlagnahmen. Als der kaiserlich-chinesische
Heeresführer Wu Sangui der chinesischen Garnison erfuhr, dass seine
Familie in der Hauptstadt enteignet wurde und überdies seine
geliebte Konkubine Chen Yuanyuan von einem Rebellengeneral in Besitz
genommen wurde, öffnete er den heranrückenden Mandschu die Tore der
Chinesischen Mauer und unterwarf sich dem Qing-Prinzen Dorgon. Die
Allianz aus ehemals kaiserlich-chinesischen Truppen der
Grenzgarnison, die über
die besten Musketen und Kanonen des Reichs verfügten, und der
100.000 Mann umfassende Achtbanner-Truppen der Mandschu erwies sich
als die schlagkräftigste Streitmacht im damaligen Ostasien. Rasch
besiegte sie die Bauernarme, eroberte Peking und eröffnete die 268
Jahre währende mandschurische Fremdherrschaft über China.
So ging Wu Sangui in die Geschichte ein als der größte Verräter
der Chinesen und wurde im Chinesischen ein Synonym für „Verräter
der Han「. Seine tragische Liebesgeschichte mit Chen Yuanyuan
lieferte den nachfolgenden Generationen Phantasien für zahlreiche
Romanen und Erzählungen.
Es sollte sich jetzt zeigen, dass die Nicht-Verlegung der
Hauptstadt in den Süden des Reichs eine fatale Auswirkung auf die
Widerstandsfähigkeit der restlichen der Ming loyal gebliebenen Teile
des Imperiums zur Folge hatte. Nicht nur fielen mit Peking auch der
rechtmäßige Kronprinz und der Rest der Kaiserfamilie den Rebellen
bzw. den Mandschu in die Hände, sondern auch die gesamte
Zentralregierung der Ming-Dynastie. Mit Hilfe der kapitulierten
Beamten der frühen Zentralregierung der Ming-Dynastie konnten die
Mandschu nun ihre Herrschaft in den eroberten Gebieten rasch
konsolidieren und festigen. Auf der anderen Seite konnten die
Anhänger der Ming zwar rasch einen Prinzen in Nanking (Chin:
Hauptstadt des Südens) zum Kaiser krönen. Jedoch konnte keine
stabile Regierung gebildet werden, da die Rechtmäßigkeit des neuen
Kaisers aufgrund seiner entfernten Verwandtschaft zur Kaiserfamilie
stark umstritten war.
Eine letzte Chance hatte die chinesische Ming-Dynastie übrigens
dennoch, wenn sich die kaiserlichen Ming im Süden des Reichs mit dem
Rest der Bauernarmee gegen die Invasion der Mandschu verbündet
hätten. Doch dieses Bündnis wurde wieder von den moralisierenden
Mandarinen kategorisch abgelehnt, die an dem Prinzip festhielten,
dass sich die Kaiserlichen niemals mit „Banditen「
zusammenschließen durften. Stattdessen verfielen die Ming schnell in
innere Konflikte um die Rechtmäßigkeit der Thronerben und
bekämpften sich gar gegenseitig. Ein Bündnis zwischen den
Kaiserlichen und den Bauernheeresführern kamen erst dann zustande,
als die Lage bereits aussichtslos war.
Hier zeigte sich erneut die fatale Wirkung einer moralisierenden
Politik der Mandarine, die ihre Dogmen und ihre partikularen
Interessen über das Wohl des Landes stellten. Der Hohe Regierungsaal
der Verbotenen Stadt war voller Selbstdarsteller, die sich
gegenseitig mit moralischen Maßstäben zu überbieten versuchten und
die Augen vor der täglich verschlimmernden Lage verschlossen, jedoch
für die dringenden Krisen des Reichs keine Lösungen anbieten
konnten. Stattdessen fehlt es an den Schalthebeln der Macht an
politischen Pragmatikern, die den Mut gehabt hätten, mit
unbeliebten, aber notwendigen politischen Lösungen das Ruder doch
noch zugunsten der Ming-Dynastie herumzureißen. Der Untergang
des letzten Reichs der Han-Chinesen war besiegelt.
So konnten die berittenen Heere der Mandschu mit Hilfe von ehemals
kaiserlich-chinesischen Generälen, denen sie Reichtum und
Prinzentitel versprochen hatten, in nur zwanzig Jahre das gesamte
chinesische Imperium unterwerfen.
Das letzte Kaiserreich der Han-Chinesen erlosch im Jahre 1662, als
der letzte Kaiser Zhu Youlang und sein zum Christentum
konvertierter Kronprinz Constantine (nach dem Römischen Kaiser
Constantinus benannt) von den Mandschu gefangen genommen und
hingerichtet wurden. Die verzweifelten Hilferufe der ebenfalls zum
Christentum konvertierten Kaiserinmutter Helena (Kaiserin Xiaozheng)
in
einem an den Papst gerichteten Brief verhallten in den
Hallen des Vatikan.
Der „feuerrote Drache「 des Hauses Zhu wurde endgültig durch
den „wasserblauen Drachen「 des Hauses Aisin Gioro ersetzt.
Zopf oder Kopf – Bruch der chinesischen
Zivilisation
Kurz nach der Eroberung des chinesischen Kernlandes erließ der
Qing-Regent Dorgon unter Androhung der Todesstrafe einen Erlass,
wonach alle chinesischen Männer die Zopf-Tracht (wobei ein Großteil
des Kopfs kahl rasiert werden musste) und Kleidungen
der Mandschu zu tragen hatten. Die bis dato seit mehr als
zweitausend Jahren von Han-Chinesen und anderen sinisierten Völkern
getragenen traditionellen Gewänder
und Kleidungen stellten aber eine der zentralen Elemente der
han-chinesischen Zivilisation und Identität dar. Zudem symbolisierte
die „Unversehrtheit der Kopfhaare und des Körpers「 laut
konfuzianischer Tradition die Kindliche Pietät, weshalb
Haareschneiden und Tätowierungen zu den Tabus der Han-Chinesen
gehörten. Dementsprechend wurde der Erlass der Mandschu zur
Übernahme mandschurischer Kleidungen und Zopftracht mit erbitterter
Widerstände seitens der han-chinesischen Bevölkerung begegnet, die
nur mit äußerster Brutalität niedergeschlagen werden konnten.
Dem Motto des Erlasses „Behaltet den Kopf, so verliert die
Kopfhaare. Behaltet aber die Kopfhaare, so verliert den Kopf「
entsprechend, patrollierten vielerorts Friseure auf Befehl von
Mandschu-Generälen durch die Straßen und schlugen denjenigen
Passanten den Kopf ab, die die alte Kopftracht trugen und beim
sofortigen Haarschneiden Widerstand leisteten (Man Qing Bai Shi,
1914). So wurde die Zopf-Tracht und die Annahme mandschurischer
Kleidungen zum Symbol der chinesischen Unterwerfung unter die
Mandschu-Herrschaft. Das äußere Erscheinungsbild der Chinesen wurde
innerhalb kürzester Zeit für immer verändert. Zeitgenossen der
frühen Qing-Zeit berichteten von han-chinesischen Besuchern in Korea
und Japan, dass sie beim Anblick der dortigen Menschen und deren
Bekleidungen in tiefe Scham versanken, da die Koreaner und Japaner,
die mehr als ein Jahrtausend zuvor chinesisch geprägte Gewänder
übernommen hatten, offensichtlich von ihrem Äußeren „chinesischer「
aussahen als die Qing-Chinesen selbst: Allein von ihren Kostümen und
Haartracht her sahen die Chinesen nun eher wie die nomadischen
Mandschu oder Mongolen aus. Dies nahmen die konfuzianischen Gelehrten
in Japan und Korea zum Anlass, um ihre Länder fortan jeweils als die
wahren Erben der chinesischen Zivilisation zu betrachten.
Rückkehr der Chinesischen Nation und des
Roten Drachens
Obgleich sich die große Mehrheit der chinesischen Oberschicht mit
der Herrschaft der Mandschu abfand und sich als Teil des
Staatsapparates ansah, existierten über die gesamte Qing-Dynastie
hinweg Geheimgesellschaften im Süden des Reiches, die von den
ehemaligen Anhängern der Ming-Dynastie gegründet zum Ziel hatten,
einen der Nachkommen der Prinzen des ehemaligen Kaiserhauses Zhu
wieder auf die Kaiserthron zu verhelfen, um so den „chinesischen
Staat「 wiedererstehen zu lassen. Die größte dieser
Geheimgesellschaften war bekannt als „Hongmen「 (Hong war ein
Codewort für Zhu: Hong-> Rot->Zhu).
242 Jahre nach dem Untergang des letzten Kaisers der Ming trat ein
chinesischer Arzt am amerikanischen Boden in Honolulu der Hongmen bei
und schwor, die Qing-Herrschaft in China niederzuringen und den
chinesischen Staat wiederherzustellen. Sein Name war Sun Wen, im
Westen auch bekannt Sun Yat-Sen.
Acht Jahre später sollte seine revolutionäre Bewegung die
Herrschaft der Mandschu in China beenden und die erste
republikanische Staatsordnung in Ostasien ausrufen. Der wasserblaue
Drache der Qing wurde daraufhin durch den feuerroten Drachen der
Republik gestürzt.
Die Chinesen schnitten ihre Zöpfe ab und gewannen wieder ihre
Freiheit.
Die gelähmte Bundesrepublik
Mehr als dreihundert Jahre nach dem Untergang der chinesischen
Ming-Dynastie steht die Bundesrepublik Deutschland am anderen Ende
des Eurasischen Kontinents erneut vor dem gleichem Grundsatzproblem
wie einst das Imperium Sinica. Über fast sämtliche relevante
politische Felder hat sich ein moralisierender Politikstil in Form
von Political Correctness ausbreitet, der den Diskurs und die
Entscheidungsfindungen des Politikbetriebs lähmt. Besonders fatal
wirkt die Moralisierung in der Innen- und Außenpolitik auf die
Zukunftsfähigkeit Deutschlands aus.
Überholte werteorientierte Politik
In der deutschen Außenpolitik zeigt sich dies vor allem in der
sogenannten werteorientierten Außenpolitik und in dem
mangelnden Selbstbehauptungswillen zur Durchsetzung der deutschen
nationalen Interessen.
Bei der werteorientierten Außenpolitik bilden Menschenrechte die
Grundlage und Richtlinie der außenpolitischen Beziehungen. Im Sinne
dieser Politik nehmen die Menschenrechtsfragen noch eine höheren
Stellenwert ein als die Verfolgung nationaler Interessen. Zugleich
wird die Annahme zugrunde gelegt, dass den Interessen Deutschlands am
besten gedient sei, wenn Deutschland die Übertragung des westlichen
politischen Modells der Gewaltenteilung und der Demokratie in der
übrigen Welt aktiv fördert und als elementaren Teil seiner
Außenpolitik betrachtet.
Es wird dabei übersehen, dass Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und
weitreichende Bürgerrechte ein Ergebnis der geschichtlichen
Entwicklung, des durch Aufklärung und Industrialisierung
ermöglichten Wohlstandzuwachses und des damit verbundenen
gesellschaftlichen Fortschritts im Westen sind. Verschiedene
sozio-historische Faktoren wie die griechisch-römischen Traditionen,
die Begrenzung der königlichen Macht durch Adel und Kirche oder die
Herausbildung eines gesellschaftlich dominierenden Bürgertums durch
die wirtschaftliche Entwicklung haben die Bildung des modernen
demokratischen Staatswesens im Westen begünstigt.
Gleichwohl kann sich eine funktionierende
rechtsstaatlich-demokratische Staatsordnung in nicht-westlichen
Ländern etablieren, wenn diese über eine breite Mittelschicht und
einen wirtschaftlich dominierenden Privatsektor verfügen, weitgehend
säkular geprägt sind, gesellschaftlich stabil und ideologisch einer
Demokratie nicht grundsätzlich entgegenstehen. Dies trifft etwa auf
stabile ostasiatische Demokratien wie Japan, Taiwan und Südkorea zu,
deren politische Systeme maßgeblich durch den Einfluss ihrer
amerikanischen Schutzmacht geprägt wurden und bei denen eine stabile
Demokratie durch den enormen wirtschaftlichen Erfolg und die
Herausbildung eines dominierenden Privatsektors ermöglicht wurde.
Eine vorausschauende Politik würde deshalb genau abwägen, ob
eine westliche Intervention zur Errichtung eines demokratischen
Systems in einem nicht-westlichen Land in der dort vorzufindenden
Entwicklungsphase den Interessen des Westens dient oder eher
zuwiderläuft.
Ohnehin kann der Westen gegenwärtig nur gegenüber kleineren und
schwachen Ländern eine wirksame werteorientierte Politik
durchsetzen. Kritik in Menschenrechtsfragen gegenüber Großmächten
der Welt wie Russland oder China bleibt hingegen eher symbolischer
Natur. Es wird dabei geflissentlich vergessen, dass die
werteorientierte Außenpolitik ein Ergebnis des Kalten Kriegs war,
als sich zwei ideologisch verschiedene Machtblöcke entgegenstanden
und jeweils ihr Staatsmodell in der übrigen Welt zu verbreiten
versuchten. Im 21. Jahrhundert sind Ideologien bei den
nicht-westlichen Großmächten in den Hintergrund getreten. Weder
China, noch Russland sieht heute noch die Verbreitung seines
Staatsmodell als vorrangiges Ziel seiner Außenpolitik. Vielmehr
verfolgen sie eine knallharte Interessenpolitik zur Stärkung ihrer
nationalen Interessen und zur Aufrechterhaltung ihrer inneren
politischen Machtverhältnisse.
Eine werteorientierte Außenpolitik mag in der kurzen Phase der
nahezu erreichten westlichen Hegemonie nach dem Ende des Kalten
Kriegs in begrenztem Maße funktionieren, als Russland aufgrund der
Wirren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion schwächelte und vor
allem mit sich beschäftigt war, und die VR China aufgrund ihrer
Umstellung von der Planwirtschaft auf den Staatskapitalismus dringend
auf westliches Kapital und Know-how angewiesen war. In der heutigen
Zeit eines wieder erstarkten Russlands und eines zur Weltmacht
aufstrebenden Chinas ist eine solche Politik des Westens bzw.
Deutschlands, die Werte zum obersten Richtwert des politischen
Handelns erkoren hat, gemessen am Ergebnis nicht nur wirkungslos,
sondern den Interessen des Westens und Deutschlands eher nachteilig,
wenn Menschenrechtsfragen von diesen immer stärker werdenden
Großmächten als Druckmittel bei wirtschaftlichen oder
geopolitischen Verhandlungen, z.B. in Form von formalen oder
symbolischen Zugeständnissen, ausgespielt werden.
Das heißt freilich nicht, dass die Wertepolitik keinerlei Rolle
mehr spielen sollte. Vielmehr sollte sie im Rahmen bzw. als Ergänzung
der Interessenpolitik erfolgen. So könnte der Westen beispielsweise
die Solidarität innerhalb der westlichen Staatengemeinschaft
oder den Schulterschluss mit nicht-westlichen Verbündeten wie Japan
oder Südkorea durch die Betonung der gemeinsamen Werte stärken.
Dies geschieht auch im Interesse dieser Länder, die als
Einzelstaaten auf der internationalen Bühne oft zu wenig Gewicht
haben. Eine werteorientierte Politik wird dann den Interessen der
westlichen Staaten nachteilig, wenn sie zum moralischen Imperativ
umdefiniert und über die eigenen Interessen gestellt wird.
Die US-Regierung unter der Führung von Donald J. Trump hat diese
Problematik eingesehen und verfolgt deshalb außenpolitisch primär
eine interessengeleitete Politik, die nur durch die Wertepolitik
ergänzt wird, wenn sie die eigenen Interessen stärkt. Deutschland
hingegen hat die werteorientierte Politik im Sinne des kantischen
Imperatives zum obersten Gebot der politischen Überlegungen erhoben,
nach dessen Prinzip die eigenen nationalen Interessen im Zweifel
hinter die Moral gestellt werden. Mit dieser Politik hat sich
Deutschland zuletzt nicht nur in Europa weitgehend isoliert, sondern
sich auch durch eine Gleichsetzung der Werte und Moral mit
linksgrünen politischen Ansätzen gefährlich weit von seinem
bisherigen wichtigsten Verbündeten, den USA, entfremdet.
Außenpolitische Machtlosigkeit
In diesem Zusammenhang liegt das grundlegende Problem der
deutschen Außenpolitik in dem mangelnden Willen zur Machtpolitik und
damit zur Durchsetzung seiner Interessen. Jegliche Form der
westlichen Machtpolitik wird von der moralisierenden medialen
Öffentlichkeit als nationalistisch oder protektionistisch
abgestempelt und mit allen Mitteln bekämpft.
Gleichzeitig wird übersehen, dass eine interessengeleitete
Machtpolitik in fast sämtlichen nicht-westlichen Ländern
keinesfalls als etwas Verwerfliches, sondern als eine
Selbstverständigkeit angesehen wird, die von der dortigen
Bevölkerung von ihren Staatslenkern erwartet wird. Selbst der
Begriff „Nationalismus「 ist in den meisten nicht-westlichen
Ländern der Welt positiv assoziiert. Wird der Begriff Nationalismus
im Westen, vor allem aber in Deutschland, sofort mit den zwei
Weltkriegen in Verbindung gebracht, sieht die Bevölkerung in den
nicht-westlichen Ländern den Nationalismus eher als eine notwendige
Voraussetzung ihrer nationalen Unabhängigkeit und Selbstbehauptung.
Insbesondere die Bundesrepublik hat aufgrund der deutschen
Vergangenheit im Zweiten Weltkrieg seit jeher an einer pazifistischen
Grundhaltung festgehalten und die Demonstration der Macht stets
vermieden oder in internationale Gremien einzubinden versucht.
Während diese pazifistische Grundhaltung und machtpolitische
Zurückhaltung der deutschen Außenpolitik angesichts der
gigantischen Verbrechen des NS-Staates verständlich sind, werden
diese seit der deutschen Wiedervereinigung der Größe und der Rolle
der Bundesrepublik für Europa und das westliche Staatenbündnis
nicht mehr gerecht. Gleichzeitig geraten sie mit der
Zukunftsfähigkeit des deutschen Staates in einen Konflikt, wenn
andere Mächte im multipolaren Zeitalter die Maximierung ihrer
nationalen Interessen als oberstes Gebot betrachten und diese auch
mit Nachdruck durchzusetzen versuchen.
Es zeigte sich, dass das tonangebende politische wie mediale
Establishment der Berliner Republik seit der deutschen
Wiedervereinigung nicht imstand war, in ihre Rolle als eine
europäische Ordnungs- und Großmacht hineinzuwachsen, um den neuen
Verantwortungen infolge des nationalen Machtzuwachses gerecht zu
werden und die Bundesrepublik zum Wohle der deutschen Nation, Europas
und des Westens politisch wie kulturell neu zu gestalten und zu
positionieren. Die Bundesrepublik wurde faktisch eine Großmacht,
ohne dass sie wusste oder willens war, wie eine Großmacht zu agieren
und die Verantwortungen dafür zu übernehmen.
Die pazifistische Grundhaltung und machtpolitische Zurückhaltung
der Bundesrepublik sind jedoch ein politisches Luxusgut für die
Größe und Wirtschaftskraft eines Landes wie Deutschland, das sich
die Bundesrepublik nur deshalb leisten konnte, da sie seit mehr als
einem halben Jahrhundert unter dem militärischen Schutzschirm der
von Amerika geführten Nato gestanden hat und in internationalen
Angelegenheiten oft auf die Unterstützung des westlichen
Staatenbündnisses zurückgreifen konnte. Dass nach dem Ende des
Zweiten Weltkriegs bis zum heutigen Tage weitgehend Frieden in Europa
und Asien herrscht, ist es vor allem dem Umstand zu verdanken, dass
einerseits sämtliche größere westliche Industriestaaten bzw.
Japan in das westliche Staatenbündnis integriert sind und
andererseits ein größerer Krieg zwischen dem Westen und anderen
konkurrierenden Großmächten (vor allem China, Russland) durch
gegenseitige nukleare wie konventionelle Abschreckung kaum noch
möglich ist. Die Bundesrepublik Deutschland hat wie viele andere
Länder auch von dieser Friedenssicherung durch die eigene
Zugehörigkeit zum Westen enorm profitiert, sodass sie sich mehr als
ein halbes Jahrhundert lang vor allem auf ihre eigene wirtschaftliche
Entwicklung konzentrieren konnte. Insbesondere konnte sich
Deutschland Jahrzehnte lang deshalb auf der internationalen
Bühne als den „Saubermann「 präsentieren, da es die unbeliebte
Arbeit der militärischen wie nicht-militärischen
Machtdemonstrationen den Amerikanern, Briten und Franzosen überlassen
konnte. Als Mitglied der Nato und der westlichen Staatengemeinschaft
profitierte Deutschland in der Durchsetzung seiner Interessen in der
nicht-westlichen Welt dennoch von eben jenen Machtdemonstrationen der
anderen westlichen Großmächte.
Der fehlende Wille Deutschlands zur Anwendung seiner
Machtinstrumente – oder das Zeigen eines „unfreundlichen
Gesichts「- führte dazu, dass Deutschland – mehr noch als andere
westliche Großmächte – in der Durchsetzung seiner Interessen auf
die internationalen Gremien krampfhaft angewiesen ist.
Den politischen Entscheidern der Bundesrepublik ist dieses
machtpolitische Defizit durchaus bewusst. Doch statt eine
außenpolitische Normalisierung Deutschlands in eigener Verantwortung
anzustreben, setzten sie weiter auf eine Vertiefung und Stärkung der
internationalen Gremien, zu deren wichtigsten Säulen die politische
Integration der EU gehört, um diesen bei schwierigen
Entscheidungsfindungen Verantwortungen der Machtpolitik zuschieben zu
können. Dabei übersehen sie, dass die meisten anderen Staaten
internationale Gremien und Organisationen in erster Linie lediglich
als Erweiterung und Stärkung ihrer nationalen Interessen betrachten
und ihre nationale Interessen im Zweifelsfall über alles andere
hinwegsetzen. Während ein Großteil des deutschen politisch-medialen
Establishments seine deutsche Identität am liebsten durch eine
„europäische Identität「 ersetzt haben möchte und die EU
bereits im Geiste als einen über-nationalen Staat begreift, deren
Interesse im Zweifelsfalle über die der nationalen Interessen
Deutschlands und der anderen EU-Staaten steht, sind die meisten
anderen EU-Länder nicht bereit, ihre nationalen Interessen für die
EU zu opfern oder mit diesen gleichzusetzen. Dieses machtpolitische
Ungleichgewicht zuungunsten Deutschlands zeigt sich auch dadurch,
dass sich Politiker der meisten europäischen Länder, die ein Amt
der europäischen Institutionen übernommen haben, weiterhin
vordergründig als Interessenvertreter ihres Heimatlandes sehen und
in den EU-Institutionen selbstverständlich für die Interessen ihres
Heimatlandes einsetzen. Die Einbindung der EU-Amtsträger an die
Belange des eigenen Heimatlandes wird durch die Regierung des
jeweiligen Landes auch aktiv gefördert und betrieben. Auf der
anderen Seite steht der deutsche Sonderweg, bei dem sich deutsche
EU-Amtsträger selbstverständlich als übernationale
Interessenvertreter der EU begreifen, aber nicht mehr für die
deutschen Interessen zuständig fühlen und sehen. Die Folge eines
solchen deutschen Sonderwegs kann nur sein, dass Kernelemente der
deutschen Interessen auf der EU-Ebene ins Hintertreffen geraten
werden und so die Entfremdung der deutschen Bevölkerung von der EU
stetig befördert und verstärkt wird.
Die Abhängigkeit Deutschlands vom westlichen Staatenbündnis und
von internationalen Gremien hat auch zur Folge, dass Deutschland im
Zweifelsfalle seine existentiellen Interessen nicht durchzusetzen
weiß, wenn es auf sich allein gestellt ist.
Diese machtpolitischen Defizite offenbarten sich besonders
deutlich in der seit 2015 andauernden Migrationskrise. Hier nahm
keine Nato das Ruder in die Hand, wenn es um die brenzlige Frage
ging, wie die Migrationsbewegung der irregulären Masseneinwanderung
aufgehalten werden konnte. Ebenfalls versagte die EU in der
effektiven Sicherung ihrer Außengrenzen. Die politische Führung der
Bundesrepublik musste selbst eine Entscheidung treffen und ließ
kurzerhand die Grenze öffnen, statt die unkontrollierte Einwanderung
zu unterbinden. Es heißt, dass einer der wichtigsten Gründe für
die Grenzöffnung war, keine „hässlichen Bilder「 vor den Medien
zu produzieren. Schließlich waren es kleinere Länder Mittel- und
Osteuropas (Ungarn, Österreich etc.), deren Bemühungen zum Schutz
ihrer nationalen Interessen letztendlich zur Schließung der
Balkanroute führten und die Migrationskrise zumindest für eine Zeit
eindämmten.
Die Kombination aus werteorientierter Außenpolitik, bei der
erklärte Menschenrechtsfragen in Form der Aufnahme der Flüchtlinge
genannten irregulären Migranten über die innere Stabilität
Deutschlands gestellt wurden, und dem fehlenden Willen zur
Durchsetzung der nationalen Interessen erwies sich als eine
folgenschwere politische Sackgasse, aus der das politische
Deutschland bis zum heutigen Tage nicht herausgekommen ist und sich
bereitwillig in der eigenen Ohnmacht seinem als Alternativlosigkeit
genannten Schicksal zu fügen scheint.
Verfehlte Migrations- und Integrationspolitik
Die politische Moralisierung und Emotionalisierung haben die
deutschen politischen Entscheider in der Migrations- und
Integrationspolitik nahezu handlungsunfähig gemacht.
In
einem frühen Artikel habe ich bereits die Gründe
dargelegt, warum Deutschland kein Einwanderungsland im klassischen
Sinne sein kann. Das liegt zum einen daran, dass Deutschlands
nationale Identität aus seiner langen Kulturgeschichte, aber nicht
aus der Migration erwachsen ist. Dies unterscheidet Deutschland
wesentlich von den klassischen Einwanderungsländern wie Amerika,
Kanada oder Australien. Anders als die klassischen
Einwanderungsländer ist der heutige Wohlstand Deutschlands nicht auf
die Einwanderung aus anderen Kulturen zurückzuführen, sondern vor
allem auf die im Laufe der Jahrhunderte gewonnenen Errungenschaften
des deutschen Nationalstaates, die Schaffenskraft seiner Bürger seit
der Aufklärung und die dadurch ermöglichte moderne Industrie. Seit
der zweiten Industriellen Revolution gehört Deutschland bereits zu
den führenden Nationen dieser Erde im Bereich der Wissenschaft und
Technologie. Trotz der flächendeckenden Zerstörung der Großstädte
im Zweiten Weltkrieg war der Großteil der industriellen Anlagen
intakt geblieben. Ebenso stand ein gut ausgebildetes
Personenreservoir nach dem Krieg dem Wiederaufbau zur Verfügung.
Insofern war das Wirtschaftswunder der Bundesrepublik nach dem
verheerenden Zweiten Weltkrieg absehbar, solange die Siegermächte
dem Wiederaufbau nicht im Wege standen. Bereits wenige Jahre nach dem
Ende des Kriegs erreichte die Bundesrepublik daher das
Wohlstandsniveau und den Grad der Modernität der Vorkriegszeit.
Deutschland galt schon zu den reichsten Ländern der Welt mit den
fortschrittlichsten Sozialsicherungssystemen, bevor überhaupt eine
nennenswerte Zahl von außereuropäischen Migranten nach Deutschland
eingewandert waren.
Zudem unterscheidet sich Deutschland aufgrund seiner sprachlichen
Besonderheit, seiner in der Geschichte verwurzelten Identität und
seiner Eigenschaft als Sozialstaat fundamental von einem klassischen
Einwanderungsland. Hochqualifizierte Fachkräfte sprechen zumeist
Englisch, aber kein Deutsch. Es gibt deshalb keinen Grund anzunehmen,
dass der Großteil der hochqualifizierten Leistungsträger
Deutschland als Auswanderungsziel wählen würde, anstatt in den
englischsprachigen Raum zu migrieren, in dem ohnehin die klassischen
Einwanderungsländer zu verorten sind und in dem sich bereits größere
Communities von Landsleuten der großen Auswanderungsländer von
hochqualifizierten Fachkräften wie China und Indien etabliert haben.
Als Leistungsträger und weltweit gefragte Fachkraft sind sie zudem
nicht auf soziale Systeme angewiesen. Auch aus diesem Grund
bevorzugen sie ein Land mit niedrigen Einkommenssteuern und Abgaben
als ein Land wie Deutschland, das zu den Ländern mit den höchsten
Steuern – und Abgaben zählt. Aus diesen Gründen kann Deutschland
allein aufgrund seiner nationalen Besonderheiten und seiner
Eigenschaft als Sozialstaat für die meisten hochqualifizierten
Fachkräfte der Welt auch mit einem großzügigen Einwanderungsgesetz
nicht attraktiv werden. Für diesen Befund spricht, dass sich die
Zahl der Arbeitsmigranten aus dem nicht-europäischen Raum nach
Deutschland seit Jahren auf einem niedrigen Niveau bewegt, auch wenn
die deutschen
Einwanderungshürden für hochqualifizierte ausländische
Fachkräfte inzwischen niedriger liegen als in den klassischen
Einwanderungsländern wie USA.
Ein flächendeckendes Anwerben von Ungelernten oder Fachkräften
mit Berufsausbildung aus dem Nicht-EU-Raum, wie sich viele Vertreter
des politisch-medialen Establishments durch die Flüchtlingspolitik
sowie das Fachkräftezuwanderungsgesetz erhoffen, ist ebenfalls
wenig zielführend. Denn anders als in den 1960er Jahren, als der
deutsche Arbeitsmarkt mit dem dominierenden industriellen Sektor mit
einer hohen Wirtschaftswachstumsrate auch Ungelernte rasch
absorbieren konnte, werden heute vor allem hochspezialisierte
Fachkräfte mit guten Deutschkenntnissen im Dienstleistungssektor
benötigt. Aufgrund der fortschreitenden Automatisierung und der
Verlagerung von einfachen Arbeitsplätzen ins billigere Ausland sind
viele Arbeitsplätze gerade im Industriesektor weggefallen. Wo solche
Arbeit zurückkehrt, wird sie von Robotern übernommen. Es ist
deshalb davon auszugehen, dass durch die zunehmende Digitalisierung
gerade einfachere Tätigkeiten in Zukunft vermehrt durch die
Künstliche Intelligenz ersetzt werden. Es ist daher schon heute zu
befürchten, dass viele heute im Erwerbsleben stehenden Arbeitskräfte
auch mit einer Berufsausbildung mittelfristig ihre Arbeitsstellen
verlieren werden, sofern sie sich nicht die nötigen neuen
Fähigkeiten im IT-Bereich aneignen können. Ohnehin steht aber der
deutsche Arbeitsmarkt heute schon den migrationswilligen
Arbeitskräften des gesamten EU-Raums zur Verfügung.
Ziel einer besonnenen und einer an den nationalen Interessen
orientierten Einwanderungspolitik Deutschlands sollte daher sein, die
Bedürfnisse der Wirtschaftssektoren nach Fachkräften zu
befriedigen, in denen tatsächlich ein Fachkräftemangel besteht,
ohne jedoch die bisherige kulturell relativ homogene Gesellschaft
wesentlich zu verändern oder das bisherige Gesellschaftsmodell eines
Sozialstaats zu gefährden. Vor allem sollte Deutschland alle
Möglichkeiten ausschöpfen, um seine eigenen Hochbegabten im Land zu
halten. Denn längst ist Deutschland nicht nur ein attraktives
Einwanderungsland vor allem für Versorgungssuchende geworden,
sondern auch ein
Auswanderungsland für viele eigene Hochqualifizierte. Dies
bedeutet freilich nicht, dass Deutschland sich vor qualifizierten,
einwanderungs- und anpassungswilligen Migranten verschließen sollte.
Vielmehr reichen die vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten mittels
Arbeitsvisum und BlueCard völlig aus, um jenen qualifizierten und
migrationswilligen Migranten aus dem Nicht-EU-Raum einen
Aufenthaltstitel in Deutschland zu ermöglichen. Sofern Deutschland
sein bisheriges Gesellschaftsmodell aufrechterhält und zukunftsfähig
gestaltet, wird es in der Lage sein, Fachkräfte aus dem europäischen
Kulturraum und manche Talente der Drittstaaten anziehen, die einen
großen Wert auf die Vorzüge des Sozialstaates und den sozialen
Frieden legen, oder jene, die sich ohnehin für die deutsche Sprache,
Kultur und Lebensweise interessieren. Deutschland wird auch dann kein
attraktives Land für die Mehrheit der Fachkräfte aus den
Drittländern sein. Jedoch wird immerhin ein Teil der Fachkräfte aus
den Drittländern die gegebenen Einwanderungsmöglichkeiten der
Bundesrepublik nutzen wollen.
Verspielt Deutschland jedoch seine traditionellen Stärken, so
wird dieses Land letztlich auch seine Anziehungskraft auf die
Fachkräfte Ost- und Südeuropas und den Rest der Talente der
Drittstaaten verlieren.
Insofern ist die gegenwärtige Einwanderungspolitik in
Deutschland, durch die ein Großteil der außereuropäischen
Migranten ohne Vorprüfung, ohne Nachweis von ausreichenden
sprachlich- wie beruflichen Qualifikationen und ohne eine wirksame
Migrationssteuerung- und Kontrolle des Aufnahmelandes nach
Deutschland kommen konnte, mit rationalen Argumenten zum Wohle des
Landes nicht erklärbar. Vielmehr ist sie ein Ergebnis einer Politik,
in der die Moral zur obersten Maxime des politischen Handelns erklärt
wurde und andere realpolitische Handlungsoptionen tabuisiert wurden.
Vergessen ist dabei, dass eine schlechte Einwanderungspolitik
letztendlich der Attraktivität des Landes für die wirklichen
Talente im Inland und Ausland die Grundlage entzieht.
Kommen wir nun zu den Voraussetzungen einer erfolgreichen
Integrationspolitik in Deutschland. Integration wird von vielen
Politikern in Deutschland lediglich mit dem Erwerb der deutschen
Sprache und dem beruflichen Erfolg gleichgesetzt. Selbstverständlich
sind diese Faktoren unabdingbare Voraussetzung einer erfolgreichen
Integration. Eine Integration bedeutet aber auch, dass der
Einwanderer sich mit dem neuen Heimatland identifizieren kann und im
Zweifelsfalle für die Interessen dieses Landes einsetzen würde.
Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der Einwanderer für die
Staatsbürgerschaft seines neuen Heimatlandes entscheiden sollte.
Kein Land der Welt kann sich auf die Dauer leisten, dass die
Loyalität von Millionen seiner neuen Staatsbürger im Zweifel
anderen Ländern gilt.
Erfahrungen aus den Einwanderungsländern wie Amerika oder
Australien zeigen nämlich, dass eine solche Integration nur dann
gelingen kann, indem den Migranten eine starke nationale Identität
des Aufnahmelandes angeboten wird. Gleichzeitig mit der Annahme der
neuen Staatsangehörigkeit schwören frisch Eingebürgerte etwa in
Amerika feierlich jeglicher Loyalität zu ihrem alten Heimatland ab.
Stattdessen gilt nun ihre Loyalität uneingeschränkt dem neuen
Heimatland, auch wenn es darum geht, ihr neues Heimatland gegen
das alte Heimatland verteidigen zu müssen. Dieses feierliche
Bekenntnis zu seinem neuen Heimatland ist jedoch nicht nur eine
Zeremonie: Es wird im alltäglichen Leben in einem Patriotismus für
die gemeinsame Nation ausgelebt, deren Zugehörigkeit im Gegenzug
dann auch uneingeschränkt für jeden Staatsbürger gilt. Deshalb
muss die Vergabe der Staatsbürgerschaft an die uneingeschränkte
Loyalität zu dem neuen Heimatland geknüpft werden.
Der Patriotismus ist ein elementarer Bestandteil jedes
Einwanderungslandes und schafft erst die Grundlage für eine
Einwanderungsgesellschaft, in der sich alle Bürger zu der
gemeinsamen Nation bekennen können und nach ihrem Wohlergehen
streben. Nur dadurch werden Bürger verschiedener Herkunft zu einem
Staatsvolk zusammengeschweißt.
Die heutige deutsche Gesellschaft in Verleugnung und
Marginalisierung ihrer nationalen Identität ist jedoch nicht in der
Lage, den Migranten eine neue, deutsche Identität zu geben. Die
entwurzelten Einwanderer suchen daher ihre Identität vor allem in
ihrem alten Heimatland oder in ihrer mitgebrachten Religion, Kultur
oder Ethnie. Auf diese Weise wird oft die aus dem Herkunftsland
mitgebrachte Sozialisierung in der Fremde – in Deutschland –
fortlaufend verstärkt. Eine Integration ist somit nicht möglich.
Die Konsequenz daraus ist somit ein Staatsvolk mit hunderten
verschiedenen nationalen Identitäten, die einander nicht
integrierbar sind. Eine solche Gesellschaft fällt langfristig vom
Innern heraus auseinander.
Eine erfolgreiche Integrationspolitik in Deutschland setzt deshalb
voraus, dass sich die deutsche Mehrheitsgesellschaft wieder auf ihre
eigene nationale Identität besinnt: nicht zuletzt mit den positiven,
identitätsstiftenden Teilen ihrer Geschichte. Nur wenn das deutsche
Staatsvolk wieder ein unkompliziertes, gesundes Verhältnis zu seiner
Identität entwickelt, nur dann wird es in der Lage sein, den
integrationswilligen Migranten ein positives Deutschland-Bild zu
vermitteln und denjenigen, die bereit sind, ihre alte nationale
Identität abzulegen, und eine neue, deutsche Identität zu geben.
Eine solche Förderung der deutschen Identität steht derzeit
jedoch dem moralischen Leitbild des politischen und medialen
Establishments in Deutschland entgegen, sodass jegliche Forderungen
nach einem deutschen Patriotismus sofort in die rechtsextreme Ecke
gestellt und mit der NS-Vergangenheit assoziiert werden.
Selbstverständlich gebieten der Respekt vor den Opfern der
NS-Gewaltherrschaft, aber auch die historische Pflicht zur Aufklärung
darüber, dass der Totalitarismus und der Rassenwahn nie wieder in
Deutschland oder in sonstigen Ländern salonfähig werden und die
Oberhand gewinnen dürfen, dass die Erinnerung an die Millionen
NS-Opfer und die Aufarbeitung der NS-Verbrechen auch in Zukunft
frisch gehalten und als ein Schwerpunkt der Erinnerungskultur in
Deutschland erhalten bleiben müssen. Dies steht jedoch nicht im
Widerspruch dazu, auch die positiven Teile der deutschen Geschichte
stärker als bisher herauszuarbeiten und für den sozialen
Zusammenhalt daran zu erinnern.
Verantwortung aus der Geschichte bedeutet nicht nur,
Verantwortungen von den Verbrechen der vergangenen Generationen zu
übernehmen, sondern auch, die gesellschaftliche Stabilität auch für
die Zukunft zu sichern und zu erhalten, damit die Gesellschaft nicht
auseinanderdriftet und in Chaos und Zerfall endet, aus denen
letztendlich totalitären Strukturen herausgehen.
Normalisierung Deutschlands als Voraussetzung
für die Zukunftsfähigkeit
Im Laufe seiner fast vier tausend Jahre währenden Geschichte
zählte China mehr als achtzig Dynastien und Herrscherhäuser.
Dynastien wurden auf Millionen Toten gegründet. Dann blühten die
Dynastien auf und strebten anschließend, zerfressen durch die
Korruption und ausgezehrt durch die sozialen Probleme und die
dekadenten privilegierten Gesellschaftsschichten, unaufhaltsam dem
Niedergang entgegen.
Nur eine Handvoll davon konnten mehr als zweihundert Jahre
überdauern. Bei diesen wenigen Dynastien gab es stets Kaiser, die es
geschafft haben, das Ruder des im Niedergang begriffenen Imperiums
durch eine kluge und besonnene Politik herumzureißen, auch wenn es
bedeutet, mit den bisherigen Dogmen und Ideologien der Dynastie
zu brechen. Diese wiederbelebte Blütephase nach einer Zeit des
Niedergangs nannten die Chinesen „Zhongxing「: „Mittleres
Aufblühen「.
Deutschland und auch andere westliche Länder können nur dann den
Wohlstand ihrer Bürger und ihre Stellung als eines der führenden
Industrieländer der Welt aufrechterhalten, wenn in den relevanten
Politikfeldern auf breiter Front ein Politikwechsel stattfindet: Von
einer moralisch und dogmatisch getriebenen Politik hin zu einer
sachlichen, pragmatischen und interessengeleiteten Politik.
Die Trump-Administration in den USA hat dies bereits erkannt und
betreibt seitdem eine knallharte Machtpolitik zur Selbstbehauptung
der amerikanischen Nation gegenüber aufstrebenden Großmächten und
zur Sicherung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit, auch wenn es
bedeutet, durch den Bruch mit der bisherigen Moralpolitik das gesamte
mediale Establishment im Westen gegen sich aufzubringen. Bislang hat
die Trump-Administration damit großen Erfolg. Die USA blühen
wirtschaftlich wieder auf. Ihre Konkurrenten geraten hingegen in die
Defensive.
Ob es Deutschland jedoch gelingt, seinen Wohlstand und seine
Fortschrittlichkeit langfristig zu erhalten, wird maßgeblich von der
innen- wie außenpolitischen Normalisierung des Landes abhängen. Das
hieße einerseits, dass ein im westlichen Staatenbündnis verankertes
Deutschland außenpolitisch selbstverständlich wie jedes andere Land
der Welt zum Schutz seiner nationalen Interessen Real- und
Machtpolitik betreiben kann. Das hieße aber auch, dass Deutschland
wieder unverkrampft zu seiner nationalen Identität stehen kann und
in der Migrations- und Integrationspolitik in erster Linie seiner
inneren Stabilität und den Bedürfnissen seiner Bürger verpflichtet
ist. Weiterhin wird die Zukunftsfähigkeit des
demokratisch-rechtsstaatlichen Deutschlands davon abhängen, ob es
dem politischen Deutschland gelingt, mit denjenigen politischen
Dogmen zu brechen, die nicht mehr zeitgemäß sind, und neue
Grundsätze der politischen Ausrichtung einzuführen, die zu der
veränderten Lage der Welt passen.
Ein starkes Deutschland, welches fest in das westliche
Staatenbündnis integriert ist, wird ein Segen für Europa und den
Westen insgesamt sein. Ein Deutschland im Zentrums Europas aber, das
in seiner grenzenlosen moralischen Überhöhung in die
gesellschaftliche Instabilität und in den wirtschaftlich-kulturellen
Niedergang hineinzugeraten droht, werden seine Nachbarn zurecht
fürchten müssen.
Nur einem selbstbewussten Deutschland, das mit einem Herz für
seine Vergangenheit wieder seinen Blick nach vorne richtet, wird es
gelingen, in den Stürmen der kommenden Zeiten zukunftsfähig zu
bleiben.